Fehmarn Air

Ein ganz besonderes Erlebnis ist es wohl immer, die Welt aus der Vogelperspektive zu erfahren und so mussten wir unbedingt auch Fehmarn von oben erkunden. Der Frühling und mit ihm auch die Rapsblüte, neigten sich dem Ende zu. Und die Sonne lachte an diesem Herrentag wie so oft, aus einem herrlich blauen Himmel auf die Insel. Wenn nicht jetzt, wann dann?!


Auf geht's

Ich rief zunächst den „Tower“ des kleinsten Flugplatzes Deutschlands an, um mich zu erkundigen. „Fliegen Sie heute und was kostet der Spaß? Wie kommt es, dass ich bei dem herrlichen Wetter kein Flugzeug am Himmel beobachtet habe“. Am anderen Ende der Leitung sprach ich mit dem 74 Jahre alten Gründer und Chef-Piloten des Platzes, Klaus Skerra. Immer einen flotten Spruch auf den Lippen - wie der Rest der Familie offensichtlich auch, was sich noch zeigen wird - erwiderte er „Die sitzen alle bei Kaffee und Kuchen zuhause und kommen gleich vorbei, also beeilen Sie Sich.“ Er sagte noch „…wir brauchen Sie!“, denn die Corona Pandemie hatte den Flugbetrieb zum Erliegen gebracht.

 

So machten wir uns vom Hirschfeld-Hus auf den Weg zum knapp 9 Km entfernten Flugplatz, was mit dem Auto etwa 10 Minuten dauert. Dort angekommen staunten wir nicht schlecht, denn neben der Cessna F172M der Skerras, standen noch weitere vier Maschinen dort. Wie ich erfuhr, sind an dem Tag ungewöhnlich viele Gastflieger nach Fehmarn gekommen. Davon kommen im gesamten Jahr etwa 100 und allein heute waren vier davon gelandet, was uns sehr erfreut hat. Die Landegebühr beträgt übrigens 10 Euro und wer länger auf der Insel bleiben möchte, zahlt für das abgestellte Flugzeug  weitere 5 Euro pro Nacht. Der „Tower“ besteht aus einem kleinen Wohnwagen, vor dem in lauschiger Runde die Familie mit Freunden saß. Neben dem Chef-Piloten fliegen auch seine beiden Kinder, Nicole und Frank, wobei die Flugsaison von März bis Oktober geht. Es können bis zu drei Erwachsene oder zwei Erwachsene und zwei Kleinkinder mitfliegen. Die Cessna 172 ist der meistgebaute Flugzeugtyp der Welt und gilt als robust, gutmütig und zuverlässig. Die Skerras betreiben den Platz seit 1997 und dies ebenfalls unfallfrei, also kein Grund zur Sorge.

 

Als wir aus unserem Wagen ausstiegen, hörte ich aus Richtung des „Towers“ den Ausruf, „… die Stadt der Verwahrlosung“, in Anspielung auf unser Berliner Kennzeichen. Oh dachte ich, wieder einer dieser flotten Sprüche. Als ich beim Näherkommen diese Aussage wiederholte, waren die Skerras aber immerhin etwas peinlich berührt und sie versuchten das Gesagte etwas zu verharmlosen und als Schnack abzutun, na immerhin. Nach diesem kurzen Intermezzo wurde auch gleich die Kasse klar gemacht, sicher ist sicher. Pro Flugminute werden 10 Euro in bar fällig, unabhängig von der Anzahl der Fluggäste. Wir wurden also für unsere 20 Minuten um 200 Euro erleichtert, bekamen aber noch eine Bonus-Flugminute oben drauf, weil der Chef-Pilot die vielen Scheine nicht richtig gezählt hatte und es angeblich zu wenig gewesen sein sollten. Alle Flüge werden akribisch in eine Liste eingetragen und wir waren etwa der zehnte Flug an diesem Tag.

 

Wir starten endlich

Nachdem wir alle gut gelacht haben, stiegen wir endlich in die Maschine, mit der Kennung D-EDXL (Delta-Echo-Delta-X-Ray-Lima). Da schlägt das Fliegerherz doch gleich höher. Zu meiner großen Unterhaltung, stieß ich mit meinem Kopf an die Haltestange eines besseren  „Duschvorhangs“, der den Piloten von den Fluggästen trennen sollte. Eine Auflage bzw. Hygieneregel zur noch nicht überwundenen Corona Pandemie. Wir entschieden uns aber für den mittlerweile im öffentlichen Leben schon etablierten Mund- und Nasenschutz. Unsere Smartphones und Kameras im Anschlag hoben wir wenig später Richtung Osten ab, wobei die vorherrschende Windrichtung eigentlich West ist, aber heute war es eben anders. Ich erklärte dem Piloten, dass wir ein Ferienhaus in Sulsdorf besitzen würden, in der Absicht das Hirschfeld-Hus und die Insel in Foto- und Videomaterial zu verewigen. Darauf der Pilot “Wohin wollen wir fliegen?!“. Ich war etwas erstaunt und sagte ihm, dass wir nach Westen fliegen müssten, worauf er sagte „… das ist die entgegengesetzte Richtung!“. Ich erwiderte „…genau, da wollen wir hin“ und fragte ihn, warum er Sulsdorf nicht kennen würde. Naja, er wäre als Aushilfe angeheuert worden, weil heute so viel los wäre. Daher und weil er das nur einmal im Jahr macht, würde er sich nicht so gut auf der Insel auskennen. Ausgerechnet wir mussten also mit einem Piloten fliegen, der sich nicht auskennt und aus dem Nähkästchen plaudern kann, wie der alte Skerra. Schade eigentlich, aber wir kannten uns ja schon ganz gut aus, da ich als Eigentümer seit 2016 insgesamt schon gute vier Monate auf der Insel zugebracht hatte. Ich fühlte mich also schon wie ein kleiner „Fehmaraner“, wie sich die Insulaner selbst nennen. Wir konnten dem Piloten also sagen, wo wir überall hin wollten und das taten wir dann auch. Geflogen wird normalerweise in einer Höhe von etwa 1.000 bis 1.700 Fuß (etwa 300 bis 500 Meter), mit Geschwindigkeiten zwischen etwa 97 und 108 Knoten, (180 bis 200 Km/h).

 

Der grandiose Flug

Der Flug war grandios, ohne Turbulenzen mit phantastischer Sicht und wir erreichten schnell den Westen der Insel. Östlich vorbei am Naturschutzgebiet Wallnau und weiter über Sulsdorf nach Orth, wo die Sonne das Wasser in der Orther Reede phantastisch zum Glitzern brachte. Wir flogen dann nochmals westlich an Sulsdorf vorbei, um dann Richtung Osten über die Fehmarn Sund Brücke, am Südstrand vorbei, den Stadtteil Burg zu umrunden. Ich war sehr erstaunt, dass Dänemark im Norden zum Greifen nah war und man auch die Fähren zwischen Puttgarden und Rødbyhavn fast anfassen konnte. Wir drehten weiter nach Süden ab, um nochmals von der anderen Seite über die Sund Brücke zu fliegen. Auch hier wieder das herrliche Glitzern im Wasser, wirklich ein traumhafter Anblick. Weiter über den Sund Richtung Westen, flogen wir nochmals über die Orther Reede nach Sulsdorf, wo wir die letzten Aufnahmen vom Hirschfeld Hus machten.

 

Landung  und Ausklang

Im Landeanflug auf den Flugplatz bei Neujellingsdorf stellte sich nun die Frage, wo eigentlich die Landebahn wäre. Na, wer erkennt die grüne Wiese zwischen den Feldern zuerst? Nach einer sauberen Landung und einem viel zu kurzen Flug, rollten wir wieder an den Flugzeugen der Gastflieger vorbei und machten die letzten Aufnahmen. Natürlich auch das obligatorische Foto von uns vor der Maschine.

 

Mein Sohn und ich, waren nun jeweils um etwa 100 Aufnahmen, mit je zwei Gigabyte an Film- und Videomaterial reicher. Tief beeindruckt kehrten wir zu einem letzten Schnack zu den Skerras zurück, die wie gewohnt vor ihrem „Tower“ saßen und die Sonne genossen. Ein Gastflieger bereitete dabei, zu unserer großen Freude, seinen Start vor und hob wenig später ab. Sehr zufrieden kehrten wir ins Hirschfeld Hus zurück und ließen das Ereignis durch das Betrachten unserer Foto- und Videoaufnahmen nochmals nachwirken.

 


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